Bleibe ich?
Ich wartete und wartete. Mein Schmerz wurde immer größer. Ich spürte, wie sich meine Hände fast ungewollt zu Fäusten formten, um den Schmerz besser ertragen zu können. Ich versuchte zu denken, aber Blut begann sich in meinem Kopf zu verbreiten und löschte alles Denken aus wie eine große Welle einen Sandstrand. Jedes Sandkorn, jeder Gedanke wurde weggespült. Ich begann immer langsamer zu atmen. Immer langsamer. Meine Augen waren noch etwas offen. Ein kleines Stück. Verschwommen sah ich die Sonne. Sie erhitze meinen Kopf. Es fühlte sich an, als würde mein Blut kochen. Ich versuchte bis 10 zu zählen. Langsam. 1. Meine Arme und Beine wurden taub. Ich konnte meinen Körper nicht fühlen. Langsam begannen meine Augenlieder sich schwer anzufühlen. Ich wollte meine Augen nicht schließen. Die Sonne erwärmte meinen ganzen Körper. 2. Es wurde wärmer. Heiß. Ich lag mitten in der prallen Sonne. Der Schweiß rann langsam in meine Wunden. Sie brannten. Ich wollte schreien. Innerlich brüllte ich. Brüllte um Hilfe. Aber niemand kam. Niemand hörte mich. Denn es kam kein Ton über meine Lippen. Hilflos lag ich da. 3. Meine Ohren waren verlegt. Ich hörte ein langes Piepsen. Meine Konzentration lies nach. Ich dachte, ich höre ein Schreien. Ein Kind. Ich war mir nicht sicher. Vielleicht schrie auch ich. Vielleicht bildete ich es mir nur ein. 4. Jetzt kam nur noch Husten aus mir heraus. Blut rann dabei über meine Lippen und trocknete sofort auf meinem Kinn. Ich hasste dieses Gefühl. So wie das, der ausgetrockneten Haut in meinem Gesicht wegen der Tränen, die ohne Unterbrechung über meine Wangen flossen. Die Kopfschmerzen wurden stärker. Meine Augen hatten sich inzwischen geschlossen. 5. Ich erinnerte mich. Meine Gedanken sammelten sich. Ich hörte einen Knall. Das Gebäude neben mir zerfiel in Schutt und Asche. Wieder eine Bombe. Menschen schrien. Ich sah jemanden der mir zu Hilfe kam. Ich konnte ihn nicht verstehen. Er sah mich an. Ich konnte ihm nicht zeigen, dass ich noch denken konnte. Noch fühlen. Ich konnte gar nichts zeigen. 6. Dann war er weg. Hatte mich für tot erklärt. Ich mich auch. Meine Familie wartete auf mich. Ich konnte nicht aufstehen. 7. Die Schreie hörten auf. Die Sirenen wurden lauter. Das Piepsen in meinen Ohren ebenfalls. 8. Jemand lief zu mir. Meine Hoffnung kehrte zurück. Doch ich konnte an nichts außer die Schmerzen denken. Die Schreie. Das Leid. 9. Langsam wollte ich, dass es aufhört. Ich nahm mein Schicksal an. Ich wollte nur, dass die Schmerzen aufhören. Kein Ende. Sterben war nicht mehr so schlimm. Ich versuchte, mich zu entspannen. Die Rettungskräfte wirbelten den Sand auf, als sie sich neben mich warfen. Ich wurde hochgehoben. Ich war im Rettungswagen. Ich spürte meine Schmerzen immer weniger. Es wurde heller. Meine Augen blieben geschlossen. Zehn. Mein Herzschlag verlangsamte sich. Stopp. Mein letzter Atemzug war, als würde damit auch meine Seele meinen Körper verlassen. Die Schmerzen waren vorbei. Genau wie mein kurzes Leben. Was nun…?
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